Einweihung der brandneuen Reinzuchtfarm in YORK
Vom 22.–24. September fand die 52. Vermehrertagung von
LOHMANN TIERZUCHT im kanadischen York statt. Die offizielle
Eröffnung der brandneuen Reinzuchtfarm war der
Hauptgrund für das Treffen. Mehr als 150 Teilnehmer aus aller Welt
nutzten diese einmalige Gelegenheit, um einen Einblick in den täglichen
Zuchtablauf von
LOHMANN TIERZUCHT zu erhalten und folgten
der Einladung nach Nordamerika.
Am 23. September nahm die Veranstaltung an den weltberühmten
Niagarafällen mit interessanten Vorträgen renommierter
Referenten über aktuelle Themen in der Geflügelwirtschaft ihren
Anfang. Herr Javier Ramírez, Geschäftsführer von
LOHMANN TIERZUCHT,
eröffnete die Veranstaltung und nutzte die Gelegenheit,
um voller Stolz über den anhaltenden Erfolg des Unternehmens
zu berichten. Auf der Weltkarte sind nur 20 Länder übrig, auf deren
Märkten
LOHMANN TIERZUCHT (noch) nicht vertreten ist. Dies
macht deutlich, dass kein Zweifel an der herausragenden Qualität
der Legehennen von
LOHMANN TIERZUCHT besteht. Eine geschickte
Marketingstrategie kann neue Möglichkeiten für erfolgreiche
Geschäfte der entsprechenden Vertriebspartner bringen. Das
Unternehmen ist stets bereit, sich neuen Herausforderungen zu
stellen und gut aufgestellt, sich selbst und seine Zucht weiterzuentwickeln,
um den neuen Situationen am Markt gerecht zu werden.
Dies wurde insbesondere durch eine interessante Präsentation
von
Prof. Dr. Rudolf Preisinger, Geschäftsführer und Chefgenetiker
von
LOHMANN TIERZUCHT, betont. Dank seines hochentwickelten
Zuchtprogramms kann das Unternehmen klassische Merkmale wie
Eieranzahl, Eigewicht und Vitalität auf sehr hohem Niveau verbessern.
Auch werden Merkmale wie Schnabelform, Schnabellänge
und Nestverhalten berücksichtigt, die im Laufe der letzten Jahre
an Bedeutung gewonnenen haben. Neue Zuchtmethoden, wie die
genomische Selektion, die bereits vor zwei Jahren in das Zuchtprogramm
von
LOHMANN TIERZUCHT integriert wurden, ermöglichen
dem Unternehmen einen schnelleren Zuchtfortschritt als je zuvor.
Der Vortrag von Herrn Jørgen Kjaer, Wissenschaftler am Friedrich-
Loeffler-Institut, vermittelte einen interessanten Überblick über das
Federpicken und den Kannibalismus bei Legehennen. Der Forscher
führt bereits seit vielen Jahren Untersuchungen durch, um ein besseres
Verständnis vom Auftreten von Verhaltensstörungen bei Hühnern
zu gewinnen. Er merkte an, dass es dank vieler verschiedener
Studien jetzt weithin bekannt sei, dass Federpicken und Kannibalismus
durch mehrere Faktoren ausgelöst werden können. Aus diesem
Grund sollte die Optimierung des Legehennen-Managements der
Schwerpunkt bei Präventionsmaßnahmen sein. Er betonte auch,
dass es dank eines gut organisierten Zuchtprogramms möglich sei,
Tiere mit einer schwächer ausgeprägten Tendenz hinsichtlich des
Federpickens zu selektieren. Nach einer Reihe von Untersuchungen
stellte er fest, dass Hennen mit einer höheren Neigung zu Federpicken
und Kannibalismus aktiver sind und einen höheren Gehalt an
Stresshormonen, z. B. Corticosteron, im Blut aufweisen.
Dr. Hans-Heinrich Thiele und Mr. Farhad Mozafar, die beide Teil des
Technical Service Teams bei
LOHMANN TIERZUCHT sind, diskutierten
lebhaft über die Vor-und Nachteile der Mauser bei Legehennen. Während
der gesamten Debatte betonte Dr. Thiele, dass, seiner Meinung
nach, eine Mauser bei modernen Legehennen nicht sinnvoll sei. Durch
ein optimiertes Management würden Hennen von Lohmann eine herausragende
Persistenz aufweisen, was eine Mauser unnötig mache. Mit
Beispielen aus der Praxis führte er einige Berechnungen vor, welche
zeigten, dass die Mauser die wirtschaftliche Lage eines Legehennenbetriebs
nicht notwendigerweise verbessert. Herr Mozafar war gegenteiliger
Ansicht und hielt dem entgegen, dass es weitgehend bekannt
sei, dass die Mauser die Stabilität der Eierschale am Ende der Legezeit
und somit auch die Anzahl der marktfähigen Eier verbessern würde.
Außerdem würde durch die Mauser die Anzahl der männlichen Küken
reduziert werden, was aus Sicht des Tierschutzes ein sehr wertvolles Argument
sei. Die Diskussion zeigte sehr deutlich, dass es für oder gegen
die Mauser keine echten Vor- und Nachteile gibt. Vielmehr ist dies immer
eine Frage der jeweiligen Situation eines Geflügelbetriebs und des
Marktes. Die „Herausforderungen bei der Ernährung heutiger Legehennen“
war das Thema der Präsentation von Herrn Robert Pottgüter, der
als Futterspezialist bei
LOHMANN TIERZUCHT tätig ist. Heutzutage wird
der hohe Bedarf an Soja bei der Ernährung von Tieren immer mehr kritisiert,
da dessen Anbau oft eine Abholzung der natürlichen Wälder in
Zentral- und Südamerika zur Folge hat. Außerdem ist der Einsatz von
Soja als Futtermittel für Legehennen in Europa aufgrund der anhaltenden
Diskussion über genetisch veränderte Organismen (GVO) umstritten.
Um dieser Debatte und den hohen Preisen für Soja zu entgehen,
kommen stets Fragen zur Soja-freien und/oder Soja-armen Ernährung
auf. In seinem Vortrag machte der erfahrene Ernährungsexperte klar,
dass es tatsächlich Alternativen für Soja in Futtermitteln von Legehennen,
z. B. Raps und Sonnenblumen, gibt. Dabei sei es allerdings enorm
wichtig, dass auf die Qualität dieser Rohmaterialien geachtet wird, um
negative Auswirkungen auf die Leistung der Tiere zu vermeiden. Untersuchungen
bei praktischen Tests müssten durchgeführt werden, um
zu bestimmen, bis zu welchem Ausmaß Soja aus dem Legehennenfutter
ausgeschlossen werden könnte. Würde der Anteil an Soja reduziert,
so wäre die Zugabe von synthetischen Aminosäuren zum Futter von
höchster Signifikanz. „Die Verwendung organischer Säuren bei der Haltung
von Legehennen“ war das Thema von Herrn Christian Lienesch,
Mitarbeiter bei Selko Feed Additives. Es wird immer wichtiger, dass
der Einsatz von Medikamenten bei der Legehennenhaltung reduziert
oder, was noch besser wäre, komplett eingestellt wird.
Die Zugabe organischer Säuren zum Futter oder Trinkwasser kann der Verbesserung
der Darmgesundheit von Legehennen und somit auch deren Widerstandsfähigkeit
gegenüber Krankheitserregern dienen. Herr Lienesch
merkte an, dass, obwohl viele verschiedene Säuren eingesetzt werden
könnten, beachtet werden müsse, dass jede Säure einen anderen Effekt
auf verschiedene Krankheitserreger habe. Einige seien nützlich
gegen E.Coli und Salmonellen, andere hingegen bei der Behandlung
von Hefe- und Schimmelpilzen. Darum sei eine sehr sorgfältige Untersuchung
jedes Betriebes vor der Auswahl einer geeigneten Säure
notwendig. Die letzte Präsentation von Prof. Paul Siegel von der Virginia
Tech University handelte von der Entwicklung der Geflügelwirtschaft.
In seiner anschaulichen Präsentation zeigte er die Domestizierung vom
Roten Kammhuhn (Bankiva) bis zur modernen Legehenne durch den
Menschen auf. Der erfahrene Wissenschaftler betonte, dass neben den
Hühnern selbst, welche die Grundlage eines jeden Geflügelbetriebs
bilden, eigentlich die Menschen, die in einem Unternehmen arbeiten,
besonders wichtig für den Erfolg eines jeden Betriebes seien.
Am Mittwoch, den 24. September, wurde die große Einweihung
der Zuchtfarm gefeiert. Mit dem festlichen Durchschneiden der roten
Schleife haben die Geschäftsführer Prof. Dr. Rudolf Preisinger und Herr
Javier Ramírez die Tür zur Farm offiziell eröffnet. Ein gut organisierter
Rundgang ermöglichte den Besuchern in Gruppen die verschiedenen
Stationen im Farmgebäude zu erkunden. Dadurch erhielten die
Gäste einen guten Eindruck vom Gebäude und konnten sich mit dem
Zuchtprogramm von
LOHMANN TIERZUCHT vertraut machen. An acht
verschiedenen Stationen erhielt jeder Besucher eine detaillierte Erläuterung
darüber, wie verschiedene Merkmale auf der Farmebene, d. h.
vor der Eingabe der Werte in eine Datenbank, gemessen bzw. erfasst
werden. Anhand der Daten können die Genetiker Rückschlüsse auf die
Zuchtwerte von jeder einzelnen Henne ziehen. An einer Station wurde
demonstriert, wie die künstliche Besamung bei Hennen reiner Linien
erfolgt. Die Besucher konnten sich ebenfalls selbst ein Bild davon machen,
wie genau die Legeleistung und das Eigewicht von jeder einzelnen
Henne bestimmt werden. Viel Aufmerksamkeit zog die Station
für die Eiqualität auf sich. Dort wurde gezeigt, wie die Bruchfestigkeit
von Eiern gemessen wird. Im Mittelpunkt des Interesses der Genetiker
steht jedoch nicht nur der „Output“ der Hennen (das heißt die Eier und
deren Qualität), sondern auch der „Input“ ist von großer Bedeutung.
Natürlich ist es relevant, wie viel Futter die Hennen zur Produktion von
Eiern benötigen; dies wird sehr präzise für jede Henne in verschiedenen
Phasen ihres Lebens protokolliert. Die Ergebnisse wirken sich auf
den Zuchtwert einer jeden Henne aus. Der geführte Rundgang durch
die Zuchtfarm und die gut vorbereiteten Erklärungen an den verschiedenen
Stationen verdeutlichten den Besuchern das Ausmaß der
Komplexität des Zuchtprogrammes von
LOHMANN TIERZUCHT. Das
Programm wurde von diversen Freizeitaktivitäten begleitet. Ein Bootsausflug
in die Niagarafälle – im wahrsten Sinne des Wortes – und eine
Exkursion zu einem historischen Dorf amerikanischer Ureinwohner am
“Crawford Lake” erlaubte den Besuchern einen direkten Kontakt mit
der unglaublichen Natur Kanadas und seiner ursprünglichen Kultur.
Während eines Ausflugs zum Weingut „Jackson Triggs“ konnten sich
die Gäste von der Qualität regional produzierter Weine überzeugen.
Das Freizeitprogramm bot die perfekte Gelegenheit für die Besucher
ins Gespräch zu kommen und untereinander wertvolle Informationen
und Erfahrungen im Hinblick auf ihre Unternehmen auszutauschen.
Artikel: Djanet Ould-Ali
Fotos: Stella Schnor