Dr. Hans-Heinrich Thiele (H&N International GmbH),
Guillermo Díaz (Biomix S.A.),
Luis Armel Ramirez (Pronavicola S.A.)
Moderne, leistungsstarke
Legehennen produzieren
im Verlaufe ihres Lebens
eine Vielzahl für den Menschen
hochwertiger Nahrungsmittel – Eier.
Wie kein anderes landwirtschaftliches
Nutztier liefert die Henne dieses Nahrungsmittel
bereits mit „Verpackung“,
der Eischale. Je mehr Eier „gut verpackt“
das Nest bzw. den Stall über die gesamte
Legeperiode einer Herde verlassen,
umso mehr erreichen den Konsumenten.
Jedes „schlecht verpackte“ Ei kann nicht
oder nur weniger gut verwertet werden und
unter Umständen dem Produzenten ganz verloren
gehen. Die Erzeugung von möglichst vielen
verkaufsfähigen und hygienisch einwandfreien
Eiern je Legehenne sichert nicht nur den wirtschaftlichen
Erfolg der Legehennen-Haltung, sondern trägt auch
zur effektiven Umwandlung von pflanzlichem Rohmaterial in für
den Menschen verwertbare Nahrungsmittel bei.
Durch gezielte Selektion auf eine Verbesserung der Schalenstabilität
sind moderne Legehennen in der Lage, über einen langen Zeitraum
Eier mit entsprechend guter Schalenqualität zu produzieren.
Der Legehennen-Halter sollte sich bewusst sein, dass er mit einer ausreichenden
Versorgung der für die Schalenbildung nötigen Mineralien,
das Tier unterstützen kann. Diese Hilfe wird umso bedeutsamer, je
länger sich die Legeperiode einer Herde streckt. Mit zunehmendem
Alter nimmt die Fähigkeit eine gute Schale zu produzieren ab. Das ist
zum einen auf die Erschöpfung des Kalzium-Stoffwechsels der Knochen
zurückzuführen, kann aber auch als Ursache von Leberschädigungen
auftreten. Bei einem akuten Fettleber-Syndrom oder einer
permanenten Überlastung der Leber durch die Verstoffwechselung
von Nährstoffen ist damit zu rechnen, dass die Vitamin D3 Versorgung
der Legehenne und damit die Schalenstabilität abnimmt.
Die Schale eines Hühnereies besteht zu 90-95 % aus Kalziumcarbonat,
das in einer Proteinmatrix eingelagert, die Festigkeit des
Eies bestimmt. Der die Eischale formende Kalk wird entweder über
das täglich zu verabreichende Futter oder aus den langen Röhrenknochen,
insbesondere den Markknochen bereitgestellt. Das
Kalzium-Reservoir dieser Knochen bildet sich mit dem Eintreten der
Geschlechtsreife erst kurz vor dem Beginn der Legetätigkeit. Im Knochen
ist das Kalzium an Phosphat gebunden. Wieviel des Kalkes zur
Bildung der Eischale aus der Nahrung bzw. aus den Knochen verwendet
wird, ist relativ variabel und von den jeweiligen Verfügbarkeiten
zum Zeitpunkt der Schalenbildung abhängig. Da die Tiere nur über
begrenzte Reserven an Kalzium in den Knochen verfügen, muss
dieses täglich über die Nahrungsaufnahme zugeführt werden. Ein
Legehuhn legt fast jeden Tag ein Ei und benötigt dafür etwa 4-5 g
Kalzium. Um den relativ komplexen Prozess der Bildung der Eischale
zu unterstützen, sollten die Hennen auch mit ausreichend Phosphor
und Vitamin D3 versorget werden.
Abbildung 1: Schalenbildung im 24 Stunden Ovulationszyklus (Leeson
und Summers (2001) zitiert nach Clunies (1987))
Der Prozess der Bildung der Eischale erfolgt hauptsächlich in
den Nachtstunden. Die intensivste Periode der Schalenbildung
liegt bei etwa 12-18 Stunden nach dem Legen des vorhergehenden
Eies. Die Intensität erreicht 18 Stunden nach dem Legen
ihre Spitze, um danach bis zum Legen des folgenden Eies
wieder abzunehmen. In dieser Zeit sollte genügend Kalk aus
dem Magen-Darm Trakt vorhanden sein. Da die Verweildauer
des aufgenommenen Futters im Verdauungssystem eines Huhnes
mit etwa 3-4 Stunden relativ kurz ist, ist es wichtig, den Kalk
zur richtigen Zeit zu füttern. Wissenschaftliche Untersuchungen
zeigten, dass Legehennen, denen Kalk zur freien Aufnahme
angeboten wurde, in den letzten 5-6 Stunden des Lichttages
einen besonders hohen Appetit für Kalk hatten. Scheinbar
wissen die Tiere instinktiv, wann sie sich versorgen müssen.
In den Nachtstunden kommt es zu einem zyklischen Anstieg
des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen, wodurch
sich die Löslichkeit und Transportfähigkeit des Kalziums erhöht.
Ist während dieser Zeit kein Kalk im Magen-Darmtrakt
verfügbar, werden die Reserven in den Knochen mobilisiert.
Um dieses zu vermeiden, sollte die Struktur des zugeführten
Kalkes nicht zu fein sein, damit er nicht zu schnell gelöst
und dann unter Umständen von der Henne tagsüber ungenutzt
ausgeschieden wird. Bewährt hat sich die Verfütterung
von grobem Kalk (1,5 bis maximal 4 mm Partikelgröße) in den
Nachmittags- oder Abendstunden. Damit kann die Menge des
aus der Nahrung stammenden Kalziums auf ein Maximum erhöht
und der Kalzium-Stoffwechsel des Knochens minimiert
werden. Dieses würde nicht nur geringere metabolische Arbeit
für die Hennen bedeuten, sondern auch die Ausscheidung des
für die Schalenbildung zum großen Teil nicht nutzbaren Phosphors
reduzieren. Der täglich zu leistende Rückbau des Kalzium-
Reservoirs der Knochen wäre im Umfang reduziert und die
Zufuhr von Phosphor könnte vermindert werden.
Kalk fein < 0,5 mm
Diaz, 2008
Kalk grob 1,5-2,5 mm
Armel, 2011
Kalk sehr grob ≥ 4 mm
Armel, 2011
Es ist somit offensichtlich, dass eine zeitlich optimal terminierte
Gabe von Kalk auch für die Knochenstabilität von großer Bedeutung
ist. Muss die Legehenne nachts auf das Kalzium-Reservoir ihrer
Knochen zurückgreifen, wird nicht nur aus den Markknochen
Kalk abgebaut, sondern auch der Kalk in den Strukturknochen wird
mobilisiert. Dieser Speicher wird jedoch bei hoher Legeleistung
(sehr langen Legesequenzen) weniger gut zurückgebildet als das
Reservoir der Markknochen. Nur in Legepausen oder während einer
Mauser „repariert die Henne den Schaden“, lagert auch in den
Strukturknochen Kalk ein und baut ihn quasi zurück. Muss eine
Henne bei langen Legesequenzen immer wieder auf den Kalkspeicher
im Knochen zugreifen, verschlechtert sich somit langfristig
die Knochenstabilität und es kommt zu den bekannten Frakturen.
Bei optimaler Umsetzung dieser Erkenntnisse würden der Legehenne
zwei unterschiedliche Futtermischungen anzubieten
sein. In den Morgenstunden müsste ein Futter mit geringerem
Kalkgehalt und feinerer Kalkstruktur angeboten werden, während
in den Nachmittags- und Abendstunden ein Futter mit höherem
Kalkgehalt und gröberer Kalkstruktur zum Einsatz käme. Praktisch
lassen sich solche Strategien jedoch kaum umsetzen. Dennoch
kann durch die Extra-Zugabe von grobem Kalk – zusätzlich zu dem
des Futters – in den Nachmittags- bzw. Abendfütterungen ein erheblicher
Effekt erreicht werden. Praktische Erfahrungen haben gezeigt,
dass dadurch nicht nur die Schalenstabilität verbessert wird,
sondern auch die Knochenstabilität und der allgemeine Gesundheitszustand
der Legehennen verbessert werden kann. Zusätzliche
(Mini) Silos, die diesen Kalk zum gewünschten Zeitpunkt auf das zu
verabreichende Futter dosieren, werden weltweit immer populärer.
Abbildung 2:
vereinfachte Darstellung der Ei-Schalenbildung
Grundsätzlich sollten wir bei der Futter-Versorgung von Legehennen
darauf achten, dass sich die Bestandteile des Futters
bis zur Aufnahme durch die Hennen nicht entmischen. Das
gilt sowohl für die nährstoffrelevanten Rohstoffe, als auch für
die Mineralien und Vitamine. Ein homogenes Mehlfutter guter
Struktur ist das Futter für die moderne Legehenne. Bei einer
guten Futterqualität ist der Einsatz von feinem bzw. grobem
Kalk unproblematisch. Bei der Produktion von pelletiertem
oder gebröckeltem bzw. gekrümeltem Legehennen-Futter,
dessen Rohstoffkomponenten zumeist über eine Hammermühle
vermahlen wurden, kann dem Futter nur schwer grober
Kalk beigemischt werden. Der Zusatz muss in diesem Fall nach
der Pelletierung erfolgen, ansonsten hat der enthaltene Kalk
wenig Wert für die Legehenne.
Resümee
Als Resümee bleibt damit festzuhalten: Eine zeitlich optimierte
Versorgung der Legehenne mit Kalk in der richtigen
Partikelgröße hilft ihr, über einen langen Zeitraum
eine maximale Anzahl vermarktungs-fähiger Eier zu produzieren.
Gleichzeitig kann dem Auftreten von Knochenbrüchen
und Knochen-Verbiegungen entgegengewirkt
werden. Dieses ist ganz im Interesse des Tierschutzes und
des wirtschaftlichen Erfolges der Legehennen-Haltung.
Dr. Hans-Heinrich Thiele
Photos: Armel (2011), Luykx (2012),
Thiele (2014), Kruger (2014)