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Nov 20 Kükentransport in Zeiten von Corona
5 Fragen – 5 Antworten

 
 

Interview mit Frau Silvia Mouriño, Director of Planning and Logistics

Wie stellte sich die Situation im März dar? 

Ganz deutlich gesagt brachen im März alle bisher gekannten Möglichkeiten des Transports zusammen. Bis zu 90 % unserer Exporte wurden bis dahin per Flugzeug getätigt, überwiegend mit zuverlässigen Passagiermaschinen. Grund hierfür war, dass diese seit Jahrzehnten als am zuverlässigsten galten, da die Abflugzeiten normalerweise wenig Verspätungen haben und es auch weniger Flugausfälle gibt.
Nun brach diese Möglichkeit fast vollständig weg, da es Mitte März weltweit einen Verlust von 80 % der Flüge gab. Die übriggebliebenen 20 % waren für unsere Zwecke nicht unbedingt zu nutzen, da das Flugzeug nicht mit einer ausreichenden Ventilation ausgestattet war oder keinen entsprechenden Stauraum hatte.  
Darüber hinaus gab es auch Fluggesellschaften, die keine Küken oder Bruteier mitnahmen aus Angst, dass diese COVID verbreiten bzw. ansteckend sind! 
Zudem scheiterte es auch an Flugstrecken, die nicht unserer Lieferkettennotwendigkeit entsprachen oder wir besaßen keine Lizenz für das AVI Handling. 
Außerdem hatten in dieser Zeit natürlich Sanitärprodukte Vorrang, auch wenn bereits lebende Tiere auf dem Flug gebucht waren. Ursprüngliche Partner, die sonst Flüge vermittelten und verkauften, hatten keine Lösungen und Antworten und brachen vollkommen zusammen. 
Von einem auf den anderen Tag mussten wir mehrere Flüge für ein und denselben Schlupftag finden, da plötzlich alle Flüge für diesen Tag verschwunden waren und ebenso für die Schlüpfe in den folgenden drei Wochen (schon geplant und eingelegt).
Wir mussten Lösungen finden und Aufträge wurden bearbeitet, ohne vorherige Flugbuchung. Jeden Tag mussten wir uns aufs Neue an Lösungen heranarbeiten.  

Frachtflüge nur 2. Wahl? 

Normalerweise sind Frachtflüge erst unsere zweite Option, doch in diesen Zeiten nutzten wir auch diese Möglichkeit als die einzige, die wir hatten.  
Aber auch diese Flüge waren rar und die Abflughäfen waren schwer zu erreichen, d. h. unsere Küken wurden mit Charter dorthin geflogen, um den Langstreckenflug pünktlich zu erreichen.  
Private Charterflüge haben wir mehrfach genutzt und auch versucht, die großen Fluggesellschaften zu überzeugen, ihre geparkten Flugzeuge dafür zu nutzen.  Bei nahe gelegenen Destinationen, musste teilweise danach das letzte Stück mit einem Air Taxi bzw. kleinerem Charter gemeistert werden.  
Wenn es Flüge gab, dann hatten einige Flughäfen zum Beispiel auch gar kein Personal am Flughafen zur Verfügung, um die Küken zu verladen, teilweise bedingt durch die Quarantäneregelungen bzw. reduzierte Anzahl an Arbeitern durch die Einteilung in den Schichtdienst.   So mussten wir unsere Teamkollegen dort einfliegen, um dem Personal vor Ort auszuhelfen. Wiederum gab es Lockdown Zeiten im Ankunftsort, d.h. von 20 bis 6 Uhr gab es eine Ausgangssperre, so dass Küken, die um 21 Uhr ankamen, nicht verladen werden konnten bis zum nächsten Morgen. Keine Option für uns!  

Lockdown bei Kunden

Unsere Kunden hatten wiederum das Problem, dass ihr Team zum Flughafen hätte gelangen können, um die Küken abzuholen, es jedoch wegen der Quarantäne nicht mehr erlaubt war, zur Farm zurück zu kehren, somit konnte die Lieferung nicht angenommen werden.  
Sie entschieden dann, dass die Arbeiter auf der Produktionsfarm blieben und in einem Fall musste das besagte Team sogar auf der Farm zusammen mit den Tieren schlafen, um den Lockdown-Regelungen Folge zu leisten und nicht von einer Region des Landes in die nächste zu wechseln. 

LKWs auch nicht barrierefrei 

Auch gab es Probleme bei den Lieferungen per LKW. Es musste genau überwacht werden, ob Fahrer in Quarantäne müssen bzw. musste man die sich durch unterschiedliche Bestimmungen ständig ändernde Situation intensiv verfolgen. Grenzen wurden geschlossen und somit kam es zu stundenlangen Staus – untragbar für lebende Tiere! Neue Routen mussten ausgelotet werden bis dann die Politik endlich „fast lane lines“ für Tiere festlegte.  

Wie ist die Situation heute?

Glücklicherweise sind heute einige Flüge wieder verfügbar, jedoch noch nicht so wie zuvor.  
Ebenfalls sind die Preise immens hoch und immer noch haben die Sanitärprodukte erste Priorität.  
Wir nutzen weiterhin hauptsächlich Charter und Frachter für den Flugtransport und freuen uns, wenn unerreichbare Destinationen jetzt wieder angeflogen werden können.
Hauptsächlich versuchen wir, den unabhängigen Weg zu gehen. Das bedeutet, so wenig Passagierflugzeuge wie möglich zu nutzen, was für uns heute der sicherste Weg ist.  
Zudem versuchen wir, so gut es geht, neu gewonnene Dienstleister in den Umgang mit unseren Küken und Bruteiern einzuarbeiten und dabei zu unterstützen. 

Was war die größte Herausforderung dieser Zeit?

Die größte Herausforderung war es, dass nicht nur ein einziger Auftrag keinen Transport hatte, sondern viele auf einmal. 
Alle Lieferungen hatten die gleiche Priorität, aber mussten von verschiedenen Standorten in alle Himmelsrichtungen befördert werden. Nun galt es, neue Wege zu kreieren und zu kombinieren.  
Die Lösung für einen Auftrag war leider keine Patentlösung, d. h. nicht die Lösung für alle Lieferungen. Auch die Tatsache, dass wir weiterhin Aufträge zeitgleich an allen Standorten eingelegt haben, war eine Herausforderung par excellence.  

Gab es auch etwas zum Schmunzeln, eine Anekdote, an die man sich gerne erinnert? 

Manchmal waren die kreativen Lösungen, die wir gefunden haben, auch amüsant. So wurde beispielsweise aus einem schwierigen Frachtraum ein VIP Flug! Endlich konnten unsere Küken standesgemäß reisen, denn wer Höchstleistung bringen soll, darf sich auch mal über eine Anreise in der Business Class freuen.
   
   

Was verspricht die Zukunft? 

Es wird noch mehrere Monate, wenn nicht sogar Jahre dauern, bis wir dahin kommen, wo wir 2019 aufgehört haben.  
Fluggesellschaften sind durch die Pandemie in finanzielle Notlage geraten. Piloten haben Ihren Job verloren und auch Teile des Flughafenpersonals wurde abgebaut.
Es wird eine sehr lange Zeit dauern, bis es wieder zu einer Belegung von Flügen wie vor COVID kommt. Natürlich arbeiten wir auch weiterhin an Möglichkeiten, unabhängig von Passagiermaschinen und privaten Chartern, jedoch liegt nun der Fokus darauf, die Zuverlässigkeit bei Flugzeiten zu garantieren, die einzelnen Teams auf die neuen Möglichkeiten zu schulen und die Flugpreise in eine rentable Schiene zu bringen. 

Neue Wege in gut kontrollierbare Wege zu verwandeln, das ist unser Ziel! Oder wie sagt man so schön: Der Weg ist das Ziel!  

 

 

 

 

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