Wie können 83 % Legehennen in alternativen Systemen gehalten und erfolgreich bewältigt werden?
Sehen Sie zusammen mit der Brüterei LOHMANN Denmark und Geschäftsführer und technischen Berater
Christian N. Nielsen hinter die Kulissen der dänischen Eierproduktion.
„Wenn man ein Buch schreiben oder ein neues
Produkt auf den Markt bringen möchte,
braucht man normalerweise zwei Dinge, bevor
man anfängt: 1) ein Ziel und 2) einen Plan,
der einen zum Ziel bringt. Genau diese zwei
Dinge brauchten wir auch bei unserem alternativen
System für die Legehennenhaltung.“
Dänemark zählt 5,7 Millionen Einwohner
und jeder Bürger isst durchschnittlich 246
Eier im Jahr (inkl. Eiprodukte). Es werden
wenige Eier importiert, aber der Export ist
ein wachsender Markt. In Dänemark gibt
es insgesamt 3,7 Millionen Legehennen
für die Konsumeiproduktion, davon etwa
80 % weiße Tiere und 20 % braune Tiere
(LSL-LITE und LB-LITE).
Von den produzierenden 3,7 Millionen
Legehennen leben 15 % in ausgestalteten
Käfigen, 40 % in Bodenhaltung, 10 % sind
freilaufend und 35 % werden ökologisch
gehalten. Diese Tiere leben in insgesamt
110 Betrieben. Eierproduzenten in Dänemark
werden pro Ei bezahlt, wobei die
höchsten Preise für M- und L-Eier gezahlt
werden, etwas darunter liegen die Preise
für XL-Eier und am wenigsten bekommen
die Produzenten für S-Eier. Die Herdengröße
in Dänemark bei Bodenhaltung und
ökologischer Haltung liegt für gewöhnlich
bei etwa 20.000 bis 30.000 Legehennen.
Abb.1 Verteilung der Legehennen in Dänemark von 2015 bis 2018, Prozentsatz untergebrachter Tiere. / Quelle: LOHMANN Denmark ApS
In Dänemark haben wir ähnliche Ziele
wie in vielen anderen Ländern. Wir möchten
vollständig befiederte Tiere bis zum Ende der
Produktion, die Maximalanzahl marktfähiger
Eier in den Größen M und L (89 – 91 %) und
eine geringe Mortalität. Aber wie können wir
das erreichen?
In den vergangenen fünf Jahren ist die
alternative Eierproduktion in Dänemark
unheimlich stark angestiegen. Ich möchte
Ihnen nun die entscheidenden Mittel vorstellen,
mithilfe welcher wir in diesem Haltungssystem
Erfolge erzielen konnten. Es
können in ökologischer Haltung, in Freilandund
Bodenhaltung verschiedene Strategien
angewendet werden.
Quelle : LOHMANN Denmark ApS
Sie brauchen einen Plan!
Die Aufzucht ist ein Schlüsselfaktor für Profitabilität
in der Eierproduktion, also brauchen Sie
für diese Phase einen Plan. Zu welcher Jahreszeit
gehen Ihre Legehennen in Produktion?
Möchten Sie Eier von jungen oder von älteren
Hennen? Möchten Sie große oder kleine Eier?
Welche Futterstrategie haben Sie für die Aufzucht?
Wie sieht Ihr Impfplan aus?
Wir konnten große Erfolge feiern, weil
wir all diese Faktoren planen, bevor das
Küken einen Tag alt ist. Wir nennen das
„einen individuellen Fahrplan“, welcher auf
ein A4-Blatt passen sollte. Die Brüterei ist
die treibende Kraft dieses Plans, der in Zusammenarbeit
mit dem Züchter, Eierproduzenten,
Futterfabrikanten und Tierarzt
aufgestellt wird.
Quelle : LOHMANN Denmark ApS
Nach der Erstellung des Plans ist es von
äußerster Wichtigkeit, ihm bis ins kleinste
Detail zu folgen. Die Herangehensweise
muss eventuell angepasst werden, wenn
die Aufzucht nicht wie geplant verläuft. Es
folgt eine Liste der Faktoren für den Erfolg
und unsere verwendeten Strategien:
– Eintagsküken bester Qualität sind für
einen guten Start essenziell. Wenn
möglich, sollte die Mortalität in der
ersten Woche unter 1 % liegen.
– Körpergewicht und Homogenität
nach fünf und zehn Wochen muss
dem Standard entsprechen oder
darüber liegen (Knochen- und
Hirnentwicklung), da Defizite später
nicht mehr kompensiert werden können
(die Tiere setzen hauptsächlich in
den Wochen 12 bis 17 Fett an).
– Passen Sie die Lichtintensität als
Präventivmaßnahme an, insbesondere
ab Woche 3 bis 4 und danach.
– Prüfen Sie täglich das Gefieder.
Halten Sie die Tiere in den Händen.
Setzen Sie sich für fünf Minuten,
beobachten Sie das Verhalten Ihrer
Herde und hören Sie auf die Laute, die
die Tiere von sich geben.
– An langen Sommertagen muss
Aufzucht im Freien einem täglichen
Lichtschema folgen. Das bedeutet
beispielsweise, dass die Herde
am Mittag (12:00 Uhr) stimuliert wird,
aktiv zu werden und abends um 22:00
Uhr zu schlafen (10 Stunden Aktivität).
Dabei ist es wichtig, dass kein
Tageslicht in den Stall eindringen kann,
damit die Herde bis 12 Uhr schläft.
– In der Aufzuchtphase entwickeln sich
der Muskelmagen und der Darm. Sie
sollten Ihre Tiere unbedingt mit Grobfutter
versorgen. Grobe Haferflocken sind
sehr strukturwirksam, darüber hinaus
füttern wir Luzerne (Alfalfa). Sie unterstützen
die Entwicklung des Verdauungssystems,
sind aber auch ein Zeitvertreib
für die Tiere, die daran picken
können. Dazu geben wir den Tieren von
Tag eins bis zum Ende der Produktion
alle zwei Wochen 2 g kleine Steine (2,00
– 3,55 mm) für den Muskelmagen. Dieser
Grit arbeitet im Muskelmagen wie ein
Mahlstein. Ökologisch und im Freiland
gehaltene Legehennen nehmen den
Grit üblicherweise draußen als natürliche
Magensteine auf. Abbildung unten
zeigt eine Untersuchung einer 30
Wochen alten ökologisch gehaltenen
LSL-Henne. Etwa 30 % des Muskelmagens
war mit natürlichen Magensteinen
– Die Futteraufnahme am Ende der Aufzuchtphase
sollte bei einem Alter von
16 bis 17 Wochen mindestens etwa 70
g pro Tag betragen, eine Futteraufnahme
von unter 60 g halten wir für zu
niedrig. Eine hohe Besatzdichte oder
hohe Temperaturen können zu einer
geringen Futteraufnahme führen.
Wenn die Herde nicht mit Raufutter,
Grundfutter oder ähnlichem gefüttert
wird, kann dies eine unzureichende
Futteraufnahme zur Folge haben.
Quelle: http://www.hartog-lucerne.com/en/
Eine zu geringe Futteraufnahme am Ende
der Aufzuchtsperiode führt oft zu einer zu
geringen Futteraufnahme zu Beginn der
Produktion. Deshalb ist das eines unserer
Schwerpunktthemen. Beim Übergang
kann in einer ökologischen Haltung oft
eine bessere Futteraufnahme beobachtet
werden.
Quelle: LOHMANN Denmark ApS
Was haben wir bei der
Produktionsphase gelernt?
Unser erfolgreichstes System ist die ökologische
Produktion. Die Eierproduktion
in Freiland- und Bodenhaltung könnte
von dieser Produktionsstrategie lernen.
Was steckt also hinter dem Erfolg der
ökologisch gehaltenen Herden? Die Tiere
haben auch während der Aufzucht die Möglichkeit, sich draußen aufzuhalten.
Durchschnittlich 75 % der Tiere erkunden
die Welt außerhalb des Stalles, die Besatzdichte
im Stall ist also geringer. Die Tiere
können sich draußen ihrer Natur entsprechend
verhalten. Nehmen Sie sich 10 Minuten
Zeit und beobachten Sie das Verhalten
draußen. Es ist erstaunlich, wie aktiv
die Tiere sind. Sie suchen und scharren unaufhörlich,
sind ständig „auf Entdeckungsreise“.
Draußen können sie zusätzlich Gras,
Würmer, Steine etc. fressen. Wenn die Tiere
nicht nach draußen können, wie können
wir ihnen im Stall dieselben Möglichkeiten
bieten?
Angepasst von R. Pottgüter, LOHMANN TIERZUCHT GmbH
Unsere allgemeinen Empfehlungen
sind sehr GRUNDLEGEND – aber
bitte lesen Sie sich diese Grundlagen
durch, sie sind entscheidend!
Boden- und Einstreumaterial müssen
trocken sein. Die Tiere gehen ihrem natürlichen
Verhalten auf dem Boden nach,
nicht im Stallsystem (außer fressen, trinken
und schlafen). Sie suchen und scharren und
säubern ihre Federn. Wir empfehlen, zwischen
den Volierensystemen 2 m Platz zu
lassen, so dass die Vögel gezwungen sind,
den Boden zu benutzen und nicht von
System zu System springen oder fliegen
können. Vielleicht würden Sie lieber mehr
Volierensysteme verwenden und mehr Tiere
halten, aber seien Sie sich bewusst, dass
das die Wahrscheinlichkeit auf optimale Ergebnisse
verringert. Die Legehennen sollen
im System schlafen und den Boden für ihre
aktiven Phasen nutzen. Boden und Einstreu
müssen IMMER trocken sein!
Quelle: R. Pottgüter, LOHMANN TIERZUCHT GmbH
Der wichtigste Rat: verwenden Sie
GROBFUTTER.
Mahlen Sie NICHT die Rohstoffe
zu Feinpartikeln oder Staub. Dafür gibt es
mehrere Gründe. Grobfuttermittel verlangsamen
die Verdauung in Verdauungstrakt,
Muskelmagen und Darm. Es verleiht den
Tieren ein Sättigungsgefühl und unterstützt
die ständige Weiterentwicklung von
Muskelmagen und Darm. Unzählige Versuche
beweisen die positiven Effekte eines
großen, gut entwickelten Muskelmagens
und wie die Enzyme dort arbeiten.
Grobfutter hat oft auch trockeneren Hühnerkot
zur Folge. Wenn der Kot zu nass ist,
sind die Legehennen oft dreckiger. Dreckige
Hühner haben ein schlechteres Gefieder
oder werden mit größerer Wahrscheinlichkeit
von anderen Tieren gepickt. Nasser Kot
ist außerdem ein Zeichen für eine nicht
optimale Darmfunktion. Die Verdauung
ist also nicht optimal und es werden nicht
genügend Nährstoffe aufgenommen.
Wenn der Darm nicht optimal arbeitet,
beginnen Hühner oft, Federn zu fressen
– ein typisches Zeichen – bevor sie sich
gegenseitig picken. Was lernen wir daraus?
Das Darmsystem muss immer in einwandfreiem
Zustand sein. (Denken Sie an
sich selbst. Wie fühlen Sie sich, wenn Ihre
Ausscheidungen nass sind und Ihr Magen
nicht gut arbeitet?)
Wir fügen unseren Futtermitteln gemäß
dem vom Zuchtunternehmen bereitgestellten
Leitfaden Aminosäuren hinzu.
Der Aminosäuregehalt wird der Futteraufnahme
angepasst.
Ein wunderbares Mittel, um ein gutes
Darmgleichgewicht zu fördern, sind
Haferflocken, GROB gemahlene Haferflocken!
Das haben wir von Schweden und
Finnland gelernt, aber auch aus unseren eigenen Ergebnissen.
Angepasst von R. Pottgüter, LOHMANN TIERZUCHT GmbH
Wir haben festgestellt,
dass unsere Tiere ruhig bleiben, wenn
10 – 15 % grobe Haferflocken gefüttert
werden (inklusive Schalen). Bei uns liegen
immer viele Federn am Boden und die Vögel
haben stets ein gutes Gefieder. Es wurden
Versuche durchgeführt, die zeigen,
wie Haferflocken die Zahl der in den Tieren
(Muskelmagen) gefundenen Federn senkt
Haferflocken sind reich an Ballaststoffen
und Magnesium. Magnesium trägt
auch zur Versorgung mit Calcium bei, entspannt
die Muskeln und reduziert Stress.
Angepasst von R. Pottgüter, LOHMANN TIERZUCHT GmbH
Wie in der Aufzuchtphase ist ein gutes
Lichtschema als vorbeugende Maßnahme
wichtig. Verwenden Sie zu Beginn keine zu
hohe Lichtintensität. Ab Woche 25, wenn
die Bodeneierrate stabil unter 1 % liegt,
reduzieren wir für gewöhnlich die Lichtintensität
als Vorsichtsmaßnahme. Wir empfehlen
ein warmes Licht mit 2700 Kelvin.
Wir raten außerdem dazu, während
der Produktion Luzerne, Magensteine,
Picksteine etc. zur Verfügung zu stellen.
Ökologische Eierproduzenten sind dazu
verpflichtet, Raufutter zu füttern. In der
Regel enthält ihr Raufutter Mais/Getreide/
Erbsen/Lupine oder eine Mischung daraus,
meist 10 – 15 g/Tier/Tag.
Quelle: LOHMANN Denmark ApS
Eine weitere Grundlage:
GROBES
CALCIUM. Das dürfen Sie nicht vernachlässigen!
Versuchen Sie, eine Möglichkeit
zu finden, einen Kalkstein zur richtigen
Zeit bereitzustellen (wenn er benötigt
wird). Einige dänische Eierproduzenten
haben nur 2 % Calcium in ihrem Futtermittel.
Am Nachmittag (mindestens 8 – 10
Stunden am Tag) fügen Sie dem Futter
+6 % groben Kalkstein hinzu (ca. +2 %
Calcium). Von einem Ernährungsunternehmen
durchgeführte Versuche veranschaulichten
das Verhalten der Tiere und
wann genau sie Calcium brauchen. Die Ergebnisse
zeigen, dass eine Legehenne vor
allem acht Stunden nach dem Aufwachen
Calcium zu sich nimmt.
Quelle: R. Pottgüter, LOHMANN TIERZUCHT GMBH ANGEPASST VON R. Pottgüter,
LOHMANN TIERZUCHT GmbH
In Dänemark untersuchen wir die Tiere
oft um etwa 13:00 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt
ist das Ei für den nächsten Tag bereits
fertig, hat aber noch eine sehr weiche
Schale. Wenn man den Finger über die Eioberfläche
gleiten lässt, kann man fühlen,
wie die Schale langsam um das Ei herum
gebildet wird. Dieser Fakt unterstützt die
Versuchsergebnisse und das Verständnis
des Tierverhaltens.
Quelle: nutreco
Ein weiterer Fokus ist die Schalenstabilität
/-elastizität in der gesamten Produktionsperiode.
Für die Elastizität ist Protein
verantwortlich und Protein kommt von
der Leber. Mit anderen Worten, wir brauchen
eine gesunde Leber. Wir haben kontinuierlich
ein Auge auf die Anzahl der
Würmer (Wurmeier im Kot), auch bei einer
Autopsie. Wir konnten beobachten, dass
Würmer bei unseren Tieren viel Stress verursachen.
Würmer sind also ein entscheidender
Faktor! Deshalb geben wir unseren
Legehennen regelmäßig Wurmbehandlungen.
Christian Nielsen