Die ersten Tage meistern
Heutzutage werden die Legehennen in der Regel bis zu 90 Wochen oder länger gehalten. Verglichen mit dem
Produktionszeitraum, stellt die Aufzuchtsperiode nur einen kleinen Teil des gesamten Lebenszyklus dar. Dennoch
bestimmt die Aufzucht in hohem Maße den Erfolg bei der späteren Eiproduktion. Es ist daher von entscheidender
Bedeutung, den Küken in dieser Phase ihres Lebens einen guten Start zu geben.
Gutes Aufzucht-Management beinhaltet
sicherlich mehr, als nur
den Empfehlungen und dem
Leitfaden des Zuchtunternehmens streng
zu folgen. Die Junghennenaufzüchter sollten
allgemein in der Lage sein, das Verhalten
und den Zustand der Herde zu beurteilen
und daraufhin die richtigen Schlüsse zu
ziehen. Obwohl das Auge und der gesunde
Menschenverstand zu den wichtigsten
Faktoren bei dem erfolgreichen Aufziehen
der Tiere gehören, werden diese oft unterschätzt
oder vergessen.
Vorbereitung des Stalls
Biosicherheit und ein eingeschränkter
Zugang zum Aufzuchtsbereich sind von
zentraler Bedeutung für die Bekämpfung
und Vorbeugung von Geflügelkrankheiten.
Daher wird das „All-in All-out–Prinzip“ für
die Aufzuchtställe empfohlen. Es ermöglicht
auch die richtige Reinigung im Falle
eines Krankheitsausbruchs. Außerdem soll
jeglicher Verkehr zwischen dem Aufzuchtsbereich
und dem Legehennenstall vermieden
werden. Vor dem Einstallen der Küken
sollen der gesamte Stall und alle Einrichtungen
gereinigt und desinfiziert werden.
Stellen Sie sicher, dass der Stall rechtzeitig
auf 35 – 36 °C erwärmt ist. Die Einstreu sollte
erst im Stall verteilt werden, nachdem
der Fußboden die optimale Temperatur
erreicht hat. Signifikante Unterschiede zwischen
Boden- und Raumtemperatur können
zur Kondensationsbildung führen, falls
die Einstreu zu früh verteilt wird. Die Folge
davon wäre von unten nasses und klebriges
Einstreu.
Betreuung in den ersten Tagen
In den ersten Tagen nach dem Schlupf
sind die Küken nicht in der Lage, ihre
optimale Köpertemperatur von 40-41° C
selbstständig zu regulieren. Dementsprechend
sind sie auf externe Wärmequellen
angewiesen.
Deshalb ist die empfohlene Lufttemperatur
während der ersten Lebensphase
einer der wichtigsten Faktoren für eine
erfolgreiche Aufzucht. Es ist notwendig,
die empfohlene Stalltemperatur gemäß
des entsprechenden Alters zu regulieren.
Moderne Fieberthermometer, bekannt
aus der Humanmedizin, sind gut geeignet,
die Körpertemperatur von Eintagsküken
zu messen und daraufhin das Stallklima
optimal zu gestalten. Im allgemeinem sind
folgende Hinweise in Bezug auf die optimale
Stalltemperatur zu beachten:
› Das Thermometer soll in Höhe der Tiere
platziert werden. Es ist wichtig zu beachten,
dass die Temperaturen, die nur
einen halben Meter über den Boden gemessen
werden, bereits etwa 2 bis 3° C
wärmer sein können.
Nach einigen Stunden sollte kontrolliert
werden, ob die Küken sich im Stall wohlfühlen.
Der beste Maßstab ist das Verhalten der
Tiere und nicht die gemessene Temperatur
auf dem Thermometer. Manche Herden
fühlen sich bei 34° C gut, andere brauchen
36° C oder mehr in den ersten 24 Stunden.
› Die Küken sollen gleichmäßig im Stall verteilt
sein. Drängen sie sich zusammen, ist
die Temperatur zu niedrig. Falls die Küken
mit ausgebreiteten Flügeln am Boden
liegen, inaktiv sind und nach Luft schnappen,
ist die Temperatur im Stall zu hoch..
› Luftfeuchtigkeit. Oft ist der Aufzuchtstall
gut vorbereitet und die empfohlenen Temperaturen
sind erreicht, allerdings kann
gleichzeitig die Luftfeuchtigkeit zu niedrig
sein (<40%). Um eine bessere Verteilung
der Wärmeenergie im gesamten Stall zu
erzielen, sollte die Luftfeuchtigkeit mindestens
60 % betragen. Bei einer niedrigen
Luftfeuchtigkeit fühlen sich die Küken unbehaglich,
obwohl die Solltemperaturen
erreicht wurden. Um die Luftfeuchtigkeit in
einem Aufzuchtstall zu verbessern, gibt es
einfache Maßnahmen, die ergriffen werden
können, wie um Beispiel die regelmäßige
Befeuchtung der Böden und der Wände,
wo die Küken nicht direkt platziert sind.
› Außerdem soll das Auftreten von Zugluft
unbedingt vermieden werden.
Lichtprogramm für Eintagsküken
Neben der Temperatur ist das Beleuchtungsprogramm
ein wichtiges Instrument,
um den Eintagsküken in der ersten Lebensphase
einen guten Start zu geben.
Bereits bei Einstallung der Eintagsküken
haben die Tiere schon sowohl den kräftezehrenden
Schlupf als auch einen anstrengenden
Transport hinter sich. Allgemein
ist es üblich, den Küken in den ersten zwei
bis drei Tagen nach ihrer Ankunft 24 Stunden
Licht zu gewähren, um ihnen Zeit zu
geben, sich zu erholen und genügend Futter
und Wasser aufzunehmen. In der Praxis
kann jedoch beobachtet werden, dass einige
Küken nach ihrer Ankunft weiter ruhen,
andere Futter und Wasser suchen. Das Verhalten
der Herde wird immer ungleichmäßig
sein. Besonders in dieser Phase der Aufzucht
fällt es schwer, das Verhalten und die
Kondition der Küken richtig einzuschätzen.
Ein speziell für diesen Zeitraum angepasstes
und praktisch erprobtes intermittierendes
Lichtprogramm teilt den Tag in Ruheund
Aktivitätsphasen. Dieses Programm
kann bis zum 7. oder 10. Tag nach Ankunft
der Küken angewandt werden. Ziel eines
solchen Programms ist die Synchronisation
des Verhaltens der Küken. Dadurch wird es
dem Personal erleichtert, den Zustand der
Herde einzuschätzen. Gleichzeitig werden
die Küken stimuliert, ausreichend Futter
und Wasser aufzunehmen.
Die Anwendung dieses Programms hat folgende
Vorteile:
› Die Küken ruhen bzw. schlafen zur gleichen
Zeit. Das Verhalten der Küken wird
synchronisiert.
› S chwache Küken werden durch stärkere
Küken stimuliert, aktiv zu sein, um Futter
und Wasser aufzunehmen.
› Das Verhalten der Herde ist ausgeglichener,
die Beurteilung der Küken ist einfacher.
› Tierverluste in der ersten Lebenswoche
werden reduziert.
Tabelle 1: Empfohlene Partikelgröße bei Aufzucht- und Legefutter
* in der ersten Phase, 3 mm nie überschreiten; in anderen Phasen nie 5 mm überschreiten
Abbildung: Lichtprogramm für Eintagsküken.
Dieses Beleuchtungsprogramm kann während
der ersten 7 bis 10 Tagen nach dem Schlüpfen
verwendet werden.
Futter und Wasser
Die Physiologie der Eintagsküken ermöglicht
es, dass sie über lange Strecken ohne
Futter und Wasser transportiert werden
können. Sie besitzen einen Dottersack,
der sie mit allem, was sie während der
ersten 48 Stunden ihres Lebens brauchen,
versorgt, einschließlich der mütterlichen
Antikörper, die die Entwicklung einer Immunkompetenz
fördern. Allerdings sollten
die Eintagsküken so schnell wie möglich
Zugang zum Wasser und Futter bekommen.
So erhalten sie eine bessere Vitalität
und Tierverluste in der ersten Lebenswoche
werden reduziert. Je früher die Küken
Futter und Wasser zu sich nehmen, desto
schneller wird das Nährstoffpaket des
Dottersacks metabolisiert. Infolgedessen
wird das Risiko einer Dottersackinfektion
verringert. Deshalb sollen die Küken direkt
bei der Einstallung problemlos Zugang
zum Wasser und Futter haben. Zusätzliche
Futterschalen können dazu beitragen, eine
bessere Futteraufnahme in den ersten Tagen
zu gewährleisten. Die Aufrechterhaltung
der richtigen Trinkwassertemperatur
von 22 bis 25° C ist entscheidend, um eine
möglichst hohe Wasseraufnahme von Anfang
an zu gewährleisten. Eintagsküken
sollen ein grob vermahlenes mehlförmiges
Futter erhalten. Nur ungesättigte Fettsäuren
wie Linolsäure können sinnvollerweise
von Küken verdaut und verwendet werden
und dürfen dem Futter zugesetzt werden.
In den verschiedenen Wachstumsphasen
der Küken und Junghennen sind qualitativ
unterschiedliche Futtersorten einzusetzen,
die im Nahrstoffgehalt bedarfsgerecht
abgestuft sind. Die Mischfutterhersteller
bieten Kükenstarter, Kükenfutter, Junghennenfutter,
Vorlegefutter. Die Verfütterung
der einzelnen Sorten erfolgt in Abhängigkeit
vom Nährstoffbedarf und der Körpergewichtsentwicklung
in den verschiedenen
Wachstumsphasen. Die Umstellung
auf Junghennen-Alleinfutter sollte erst bei
einem dem Standard entsprechenden Körpergewicht
erfolgen. Außerdem müssen
wichtige Vitamine, Spurenelemente und
Wirkstoffe dem Futter zugesetzt werden,
um eine vollwertige Versorgung der heranwachsenden
Henne zu gewährleisten.
Die folgende Hinweise sollen noch beachtet
werden:
› Die Höhe der Tränken ist so einzustellen,
dass die Küken problemlos Wasser aufnehmen
können. Wasserdruck in Nippeltränken
muss reduziert werden, damit
das Wasser leichter von den Küken gefunden
werden kann. Durch den verminderten
Druck auf der Leitung bilden sich
an den Tränkenippeln Wassertropfen, die
die Küken zum Trinken animieren.
› Die Eintagsküken sollen ohne Probleme
und in unmittelbarer Nähe Zugang zum
Wasser und Futter haben. In der Regel
beginnen die Küken zu fressen, wenn das
Tränkwasser von allen Tieren gefunden
wurde. Wenn die Eintagsküken nicht genug
Wasser trinken, reduziert sich deren
Futteraufnahme.
› E in regelmäßiges Spülen der Tränkleitungen
bzw. ein Austauschen des Wassers in
den Stülptränken ist notwendig. Vermeiden
Sie schmutziges und verunreinigtes
Wasser. Achten Sie darauf, dass Wasserleitungen
während der Service-Periode effizient
gereinigt und desinfiziert werden.
Nach der Desinfektion sollten die Tränkleitungen
gründlich gespült werden, um
Rückstände von Desinfektionsmitteln in
den Tränken zu verhindern.
› Die Wasseraufnahme der Küken ist in den
ersten Tagen noch relativ gering. In einem
warmen Stall kann die Wassertemperatur
in den Leitungen schnell ansteigen. Trinkwassertemperatur
durch temporäres
Spülen der Nippeltränken und Erneuerung
des Wassers in den Stülptränken
zwischen 20–25° C halten.
› E s soll dafür gesorgt werden, dass frisches
Futter und Wasser erst kurz vor der Einstallung
der Küken vorhanden sind und
nicht Stunden davor im Stall platziert
werden. In einem 35 – 36° C warmen Stall
kann das Futter schnell austrocknen und
die Wassertemperatur in den Leitungen
schnell ansteigen. Das würde die Futterbzw.
Wasseraufnahme beeinträchtigen.
› Das Futter sollte homogen sein und eine
ausreichende Struktur aufweisen. Zu
hohe Anteile sehr feiner Bestandteile im
Futter reduzieren die Futteraufnahme der
Tiere und führen zur Unterversorgung
mit einzelnen Nährstoffen. (Tabelle 1)
› Im allgemeinem gilt: Je ähnlicher Trinkund
Fütterungseinrichtungen des Aufzuchtstalles
dem späteren Produktionsstall
sind, desto unproblematischer
gestaltet sich die Eingewöhnung der
Junghennen in den Produktionsstall.
› Grundlage für den Wechsel der einzelnen
Futtersorten ist die Entwicklung des Körpergewichts
der Hennen. Nicht das Alter,
sondern das Lebendgewicht bestimmt
den Zeitpunkt des Futterwechsels.
Gewichtsentwicklung und Uniformität
Es ist zu empfehlen, die Tiere alle 1 bis 2
Wochen zu wiegen, um das durchschnittliche
Tiergewicht und die Uniformität der
Herde zu ermitteln. So kann sichergestellt
werden, ob sich die Tiere dem Alter entsprechend
entwickelt haben. Die Uniformität
(Ausgeglichenheit) einer Herde ist ein
wichtiger Gradmesser für die Aufzuchtqualität.
Anhand der Uniformität kann beurteilt
werden, ob es gelungen ist, alle Tiere mit
ausreichend Futter der richtigen Qualität
zu versorgen.
Folgende Hinweise sind zu beachten:
› Mindestens 1 % der Tiere in einer Herde
sollen gewogen werden.
› Die Uniformität ist ein Indikator für den
zu erwartenden Leistungsverlauf der
aufgezogenen Herde während der Legeperiode.
› Die höchste Uniformität wird bei Tieren
im Alter von 15–16 Lebenswochen erzielt.
Sie sollte in diesem Alter bei mindestens
80 % liegen.
Zeichen von Stress
Seien Sie aufmerksam gegenüber Anzeichen
von Stress bei den Küken. Reagieren
Sie angemessen auf das folgende Verhalten
der Tiere:
› S chlappe und auf dem Bauch liegende
Küken sind ein Zeichen zu großer Hitze.
› Lautes Zwitschern ist ein Indikator für
Hunger oder Kälte
› Zusammengedrängte Tiere indizieren
starke Kälte oder Zugluft.
Fazit
Es mag sein, dass Junghennenaufzucht
in den Management-Empfehlungen einfach
klingt. Viele Menschen glauben, dass,
wenn sie nur diese Richtlinien befolgen,
nichts schiefgehen kann. Aber es gibt immer
einige Maßnahmen, die nicht in einem
Handbuch beschrieben werden können.
Wenn man einen Hühnerstall betritt, sollte
man alle seine Sinne nutzen. Wenn Sie den
vagen Eindruck haben, dass etwas nicht
stimmt, vertrauen Sie auf Ihren Instinkt
und versuchen Sie herauszufinden, was
nicht intakt ist. Selbst wenn die Klimaüberwachung
optimale Bedingungen anzeigt,
suchen Sie nach den Gründen, warum Sie
selbst ein schlechtes Gefühl bei den einzelnen
vorherrschenden Bedingungen oder
dem Verhalten der Herde haben. Dieser
kurze Zeitaufwand wird sich auszahlen und
Sie im Hinblick auf die Bedürfnisse Ihrer Tiere
sensibilisieren. In diesem Artikel werden
nur einige Maßnahmen beschrieben und
der Hauptaugenmerk liegt auf dem Management
in den ersten Tagen.
Farhad Mozafar